Fabian Lentsch
Freerider
Der 27-jährige Tiroler Fabian Lentsch gehört zu den bekanntesten Gesichtern der Freerider-Szene. Auf dem Höhepunkt seiner Karriere kehrte er den Wettkämpfen allerdings den Rücken zu, denn er hatte eine Vision – sein eigenes zu Hause auf vier Rädern. So baute er einen Feuerwehrtruck komplett um und reist mit “Snowmads” um die Welt. Das Ziel: Berge und Lines entdecken, die noch niemand zuvor gefahren ist. Was er dabei schon erlebt hat und wie sein Winter 20/21 aussieht, verrät er uns im Interview.
Als du dich vor Jahren entschieden hast, zu versuchen, deinen Lieblingssport zum Beruf zu machen, welche Träume hattest du damals?
Bis ich elf war, bin ich klassische Skirennen gefahren, aber das war mir zu langweilig, immer durch dieselben Stangen zu fahren. Ich bin dann immer in der Pause freeriden gegangen und hab mit zwölf die ersten Filme gesehen, wo sie mit Hubschraubern auf die Berge und die coolsten Hänge runter sind. Das wollte ich seitdem auch machen. Mit 15 kamen dann die ersten Freeride Wettkämpfe, wobei ich die ersten beiden direkt gewonnen habe. Dann kamen die ersten Sponsoren und ich habe mich mit hartem Training über die Jahre zur World Tour gearbeitet.
Für diejenigen, die deine Vita noch nicht ganz genau kennen, wie kam es dann dazu, dass du nach knapp einem Jahr aus der Freeride World Tour ausgestiegen bist?
Es hat schon sieben Jahre gedauert bis ich mich für die World Tour qualifiziert habe. Über die Jahre des darauf Hinarbeitens haben sich sehr hohe Erwartungen angestaut. Ich dachte, man kann dort endlich größere Berge fahren, gemeinsam mit den besten Skifahrern der Welt. Mein erstes Jahr war dann mit schlechten Bedingungen und Entscheidungen bei der World Tour geprägt. Irgendwann habe ich dann bemerkt, ich mach es nur noch für andere. Bei einem Stopp in Andorra habe ich dann über Nacht gemerkt, jetzt ist es vorbei, und bin nach Hause geflogen.
Was steckt hinter „Snowmads“ und wie kam es zu dieser Idee?
Der Ursprung kam bei einer Reise 2013. Damals wollte ich mit Freunden zwei 7.000er in Kirgistan besteigen. Wir wollten eigentlich fliegen, aber hatten den ganzen Sommer Zeit und dazwischen lagen so viele coole Länder. Da es mit dem Zug unmöglich zu lösen war, haben wir uns ein Wohnmobil gekauft, haben es ein bisschen umgebaut und sind insgesamt vier Monate unterwegs gewesen. Der Lifestyle hat mich einfach gefesselt.
2015 haben wir dann beschlossen, den für uns perfekten Wintercamper zu bauen und haben den ersten großen Ski-Roadtrip, der in den Balkan, die Türkei, Iran und Georgien ging, in einem Film dokumentiert. Wir teilen gern unsere Erlebnisse und Erkenntnisse auf Reisen und unsere Videos kann man z.B. auf YouTube sehen. Snowmads ist ein großes Abenteuer und gleichzeitig eine tolle Community an Gleichgesinnten schneeverrückten Freeridern. Einige davon wie Markus Ascher, Roman Rohrmoser, Neil Williman, Tom Leitner, Jochen Mesle sind von Anfang an dabei, andere tolle Menschen haben wir auf unseren Reisen kennengelernt. Weil wir unsere Art zu reisen und mit Locals vorort in Verbindung zu kommen, auch anderen ermöglichen wollen, haben wir unsere eigene kleine Reiseagentur namens „Snowmads Travel“ gegründet. Da sprechen wir die Leute an, die unseren Mindset teilen und so reisen wollen wie wir. Diese Saison starten wir, sobald es möglich ist, mit einem Safety Camp, weil uns wichtig ist, auch verantwortungsvolles und sicheres Verhalten am Berg zu vermitteln.
Ein zentraler Punkt ist das bewusste Erkunden unbekannter Kulturen, Natur und unbefahrener Lines. Welcher Spot war bisher dein größtes Highlight?
Da gibt es einige Highlights. Das Altai Gebirge in Russland war zum Beispiel atemberaubend, weil ich vorher praktisch nichts davon gehört hatte und es dann eine super Zeit dort war. Auch vom Mount Olympus in Griechenland runterzufahren war unglaublich. Nur bekannte Berge runterfahren erfüllt mich nicht. Es geht darum neue Menschen dort, die Natur und Kultur zu erleben und Hänge zu fahren, die noch nie jemand vorher gefahren ist.
Du bist bereits Gipfel, die du nicht kennst, im Iran, aber auch in Griechenland bestiegen und fährst diese mit Skiern hinunter. Wie minimierst du Verletzungs- und Unfallrisiken?
Das allerwichtigste ist Erfahrung. In vielen Ländern, in denen wir sind, gibt es natürlich kein Lawinenbericht. Über das Schneeprofil und vorherige Gespräche mit Locals wissen wir zumindest um die Schneebegebenheiten Bescheid. Es ist sehr wichtig, nein sagen zu können. Wenn es die Bedingungen nicht zulassen, muss man wieder vom Hang und darf ihn nicht auf Zwang fahren. Ansonsten macht man vor der Saison Schulungen zu Lawinen beispielsweise.
In welchen Bergen bist Du am liebsten unterwegs?
Natürlich sind die heimischen Berge also die Alpen schon mein Zuhause. Zwischen Reisen fahr ich immer daheim. Dort kenne ich jeden Baum, jeden Stein. Aber nach ein paar Wochen und Monaten zieht es mich schon weg. Grundsätzlich fahr ich sehr gerne im Osten Ski.
Wer an Skifahren und Alpen denkt, denkt natürlich sofort an den Winter. Was ist dein persönliches Winterhighlight?
Für mich fängt der Winter richtig an, wenn Zuhause die Berge sich weiß färben und auch im Tal der erste Schnee liegt. Dann geht es für mich sofort raus auf die Berge, die heimischen Hänge fahren.
Wie wirst du diesen, durch die Umstände sehr besonderen Winter, verbringen?
Ich habe zum ersten Mal seit langem aufgehört, genaue Pläne zu machen. Im Dezember und Januar werde ich bei mir in der Heimat Ski fahren. Wenn richtig Schnee kommt, geht’s eventuell nach Slowenien oder Italien. Im Februar würde ich dann endlich meine Sachen aus dem Iran holen. Mein Truck steht noch da, meine Bikes sind da, viel Equipment. Da hoffe ich, dass wir ein Visum kriegen und dann noch ein wenig für den neuen Snowmads-Film im Iran filmen können. Auf dem Heimweg wollen wir dann noch Projekte in der Türkei am Mittelmeer umsetzen.
Was sind deine nächsten Ziele?
Ich will viel mehr Zeit in unserem Snowmads-Truck verbringen. Bisher habe ich immer nur für Projekte mehrere Monate in ihm gewohnt. Ich wollte schon immer eine Weltreise machen und im Truck leben. 2022 will ich meinen Hauptwohnsitz in den Truck verlegen und dann nur alle ein, zwei Jahre nach Hause kommen. Ansonsten möchte ich dann im Truck leben und die Welt erkunden, solange mir die Art von Leben taugt.
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