Raus aus dem Alltag, rein ins Abenteuer: Aber bei der Unterkunft wollen die meisten Urlauber lieber auf Nummer sicher gehen.
Claudia Gilles
Hauptgeschäftsführerin des Deutschen Tourismusverbandes e.V. und Geschäftsführerin der Deutschen Tourismusverband Service GmbH
Bewertungsplattformen ersetzen keine neutrale Prüfung.
Haben Sie als Kind davon geträumt, einmal Abenteurer zu werden und auf große Expedition zu gehen? Bei minus 20 Grad, von einer dünnen Zeltwand vor dem Polarwind geschützt, die klammen Glieder auf einer Isoliermatte ausgebreitet. Nein? So dann doch lieber nicht?
Als Arved Fuchs und Reinhold Messner vor 25 Jahren bei ihrer Wanderung durch die Antarktis wanderten, träumten sie wahrscheinlich davon, bald einmal wieder in einem richtigen Bett zu schlafen. Wahrscheinlich wären sie nach den Entbehrungen am Südpol mit einfachstem Komfort zufrieden gewesen. Wer es dann doch etwas weniger entbehrungsreich mag, der sollte nach den Sternen des Deutschen Tourismusverbandes (DTV) Ausschau halten.
Die leuchten nicht am Polarhimmel, dafür aber an rund 60.000 Ferienwohnungen/-häusern und Privatzimmern in Deutschland. Vor 20 Jahren entwickelte ein Expertenteam die Sterne-Klassifizierung und damit eine Antwort auf die Frage: „Welche Unterkunft hält, was sie verspricht?“. Mit ein bis fünf Sternen – von einfach bis erstklassig – zeichnet der DTV seither Ferienunterkünfte aus.
Alle drei Jahre stehen die Kriterien auf dem Prüfstand. Unser Grundsatz lautet: „Luxus kann, Qualität muss ein!“. Ausstattung und Service werden von ausgebildeten Prüfern unter die Lupe genommen. Der Gast kann sich sicher sein: Hier wurde neutral geprüft.
In den letzten Jahren haben Kundenbewertungen auf Buchungs- und Bewertungsplattformen enorm an Einfluss gewonnen. Viele Menschen orientieren sich vor der Buchung einer Reise oder einer Unterkunft an den Bewertungen anderer User. Dabei sorgen immer wieder Fälle von gekauften Bewertungen für negative Schlagzeilen. Wie hoch der Anteil von manipulierten Bewertungen tatsächlich ist, ist kaum zu ermitteln.
Tourismusforscher Prof. Roland Conrady von der Hochschule Worms hat in einer 2014 erschienen Studie Online-Reisebucher nach ihrer Einschätzung befragt: 29 Prozent glaubten, der Anteil der gefälschten Bewertungen sei „hoch“. Das Vertrauen in die Plattformen und die Meinung der anderen ist dennoch groß, die Wichtigkeit unbestritten: sie sind bei der Wahl einer Unterkunft die wichtigste Informationsquelle, noch vor Hotelwebsite und Empfehlungen durch Freunde.
Subjektive Meinungen auf Bewertungsportalen oder neutrale Prüfung, wie sie die Sterne-Klassifizierung des DTV bietet: wir glauben, beides hat seinen Wert für den Gast.
Nicht nur der Markt mit der Meinung mischt die Branche auf. Neben klassischen Ferienhausanbietern gibt es immer mehr Menschen, die ihre Wohnungen und Häuser für Touristen öffnen und auf Vermietungsplattformen anbieten.
Mit dem größeren Angebot steigt auch die Unsicherheit bei der Online-Buchung: Welcher Vermieter ist seriös? Buchungssicherheit für die Gäste ist dem Deutschen Ferienhausverband ein wichtiges Anliegen. In dem Ende 2013 gegründeten Verband haben sich Deutschlands führende Online-Ferienhaus- und Buchungsportale zusammengeschlossen.
Ein eigenes Gütesiegel soll für Transparenz und Kundenzufriedenheit sorgen und das Vertrauen in die Buchung über das Internet stärken. Denn wer will schon im Urlaub feststellen müssen, dass es die gebuchte Wohnung gar nicht gibt und die Vorauszahlung weg ist?
Seit 10 Jahren verleiht der Deutsche Tourismusverband e.V. den Deutschen Tourismuspreis. Ziel der bundesweiten Auszeichnung für Deutschlands Tourismusbranche ist es seitdem, Innovationen zu fördern und all denen eine große Bühne zu bieten, die mit ihren Lösungen Vorbild und Motivation für andere sind. In diesem Jahr fiel die Wahl auf die folgenden Preisträger:
1. Preis: Hasetal Touristik GmbH
Am Hasetalradweg wächst die Wegzehrung auf den Bäumen. 2.000 öffentliche Obstbäume weisen den Radlern nicht nur den Weg, sondern laden auch zum legalen Mundraub ein. Das Pflücken erleichtern Bänke mit Räuberleitern. Es gibt Baumschnittkurse und Mundräubertouren sowie fruchtige Hasetal-Produkte. Wer möchte, kann Obstbaumpate werden. Die Idee hinter dem Konzept: die Kulturlandschaft durch touristische Wertschöpfung erhalten. www.hasetal.de
2. Preis: SuitePad GmbH
Hotelmappe, Wecker, Zeitung, Radio, Fernbedienung, freies Internet, Buchungskanal – das alles vereint das SuitePad, ein Tablet-PC für Hotelgäste. Über die digitale Hotelmappe können Gäste auf ihrem Zimmer Hotelservices buchen sowie Ausflugstipps und Entertainmentprodukte abrufen. Inhalte und Funktionen sind auf die jeweiligen Hotels abgestimmt. Alte SuitePads werden mit neuer Software ausgestattet und in Lernzentren in Entwicklungsländern wiederverwertet. www.suitepad.de
3. Preis: BaseCamp Bonn UG
Oldtimer-Wohnwagen, Schlafwagenabteil oder auf dem Dach eines Trabis: In einer alten Lagerhalle in Bonn übernachten Gäste auf einem kunterbunten Indoor-Campingplatz. Die Retro-Unterkünfte sind individuell gestaltet. Bettwäsche, Frühstück und Wi-Fi gibt es inklusive. Für die Campingplatzatmosphäre sorgen Gemeinschaftsdusche und Vorgärten. Das BaseCamp ist aber nicht nur skurriles Hostel sondern auch Eventlocation. www.basecampbonn.de
Sonderpreis: Seetel Hotel GmbH & Co. Betriebs-KG
Kreativ gegen den Fachkräftemangel: Anstelle eines Bewerbungsgesprächs veranstalten die Usedomer Seetel Hotels ein Casting, bei dem angehende Lehrlinge ihr Können beim Lösen verschiedener Aufgaben unter Beweis stellen. Eine Jury aus Abteilungsleitern, Hoteldirektoren und Mitgliedern der Geschäftsführung gibt Tipps und Einblicke in den täglichen Hotelablauf. Den Besten winkt einer von sieben Ausbildungsplätzen, der Sieger-Azubi gewinnt eine Reise nach Mallorca. www.seetel.de