Eingemummelt in dicke Jacke, Mütze, Schal und Handschuhe trotzen die wenigen Spaziergänger auf dem weiten Strand dem Winterwind. Er brist auf, peitscht den Sand bereits in feinen Schwaden vor sich her. „Man kann hier herrlich durchlüften“, grüßt mich die blaue Jacke, die an mir vorbeistampft. Mit Sonnenbrille ausgestattet ist das Gesicht kaum zu erahnen, das breite Lächeln aber trifft auch meine gute Laune.
Nebensaison in Schleswig-Holstein, das heißt nicht nur kräftige Winde, Wolkenberge, Sonne, Regen- oder Schneeschauer, sondern eben auch viel Ruhe in der Natur mit aktiver Entspannung, fröhlichem Faulenzen und kulinarischen Genüssen.
Küstenweisheit #33: Glücksgefühle kennen keine Jahreszeit.
Winterwanderland
Wer spazieren oder wandern gehen will, hat die Wahl zwischen der rauen, oft stürmischen Nordseeküste mit Deichen und Watt, der milderen Ostsee mit Sandstränden und Steilküsten oder einer Entdeckungstour durch das winterruhige Binnenland, vorbei an imposanten Herrenhäusern und malerischen Gutshöfen. Diese unterschiedlichen Möglichkeiten machen den besonderen Reiz eines Kurzurlaubs in Schleswig-Holstein aus: ein scheinbar grenzenloser Horizont, endlose Spaziergänge in völliger Ruhe im Einklang mit sich selbst, einkehren zu rustikalem Grog, Tee oder Kakao. Vielerorts werden die Strände übrigens in der Wintersaison für Hunde freigegeben, sodass auch die Vierbeiner in das Vergnügen eines ausgelassenen Ausfluges kommen. Vielleicht gelingt sogar ein seltener Bernsteinfund.
Küstenweisheit #92: Kalter Wind macht warm ums Herz.
Drei Räder und ein Segel – was auf den ersten Blick etwas ungewöhnlich klingt, hat am Strand von St. Peter-Ording eine lange Tradition: Strandsegeln. Angetrieben durch die Kraft des Windes gleiten die kajakähnlichen Gefährte über den weiten Strand und erreichen dabei eine Geschwindigkeit von bis zu 100 km/h! Gerade bei stürmischem Winterwetter ein actionreiches Abenteuer. Wem das zu schnell ist, der fährt an die Ostsee und geht geruhsam mit einem Lama den Strand entlang. Diese Spaziergänge sind etwas Besonderes für Mensch und Tier. Wer mit einem Lama an der Leine am Strand der Lübecker Bucht spaziert, ist ganz im Hier und Jetzt.
Outdoor aktiv sein kann man aber nicht nur an den Küsten. Im Binnenland bieten u.a. sechs Naturparke unterschiedlichste Wander- und Radwege. Der Spaziergang auf den Aschberg in den Hüttener Bergen belohnt die Aktiven bei klarer Sicht mit einem Blick bis zur Ostsee. Wen winterliche Wälder anziehen, der ist im Herzogtum Lauenburg mit seinem Sachsenwald richtig. Und wenn dann doch einmal feiner Schnee die Landschaft bedeckt, können Gäste die höchste Erhebung des Bundeslandes, den Bungsberg inmitten der Holsteinischen Schweiz, mit dem Schlitten hinabsausen.
Licht in der Dunkelheit: Sterne kieken und Fackelwanderung
Auf der dünnbesiedelten nordfriesischen Insel Pellworm mitten im Wattenmeer wird der Lichteintrag so gering gehalten, dass die International Dark Sky Association Pellworm offiziell als Sterneninsel anerkannt hat. Wer hier den gigantischen Sternenhimmel genießen will, setzt sich am besten mit Fernglas und einem heißen Getränk auf eine der vielen „Sternkieker-Bänke“. Irdische Lichter bieten die Fackelwanderungen, die viele Ostseeorte im Winter anbieten. Kleine Geschichten über Land und Leute, Seemannsgarn und ein Ausklingen am Lagerfeuer runden dieses sinnliche Erlebnis ab. Wenn am 21. Februar die Nordfriesen ihre Biike aufschichten, wird der Winter verabschiedet. Das alljährliche Biikebrennen, als immaterielles Kulturerbe der UNESCO eingestuft, wird unter anderem von einem gemeinsamen Grünkohlessen begleitet.
Wellness und Manufakt(o)uren
Natur pur ist schön, aber einen Besuch in den malerischen kleinen Städten des Landes sollte man unbedingt einplanen. Von Friedrichstadt über Flensburg bis Eutin und Ahrensburg gibt es viele regionale Betriebe und lokales Kunsthandwerk zu entdecken. Ein entspannter Stadtbummel, mit einem Abstecher in lokale Manufakturen und Galerien der Kunstschaffenden hält so manches Unikat als Andenken bereit.
Ob die Gäste im Gutshof oder einem nachhaltigen Wellnesshotel übernachten, für Komfort und Wellness ist gesorgt. Das Angebot reicht von Thalasso und Kneipp-Therapie, über unterschiedlichste Massagen und Saunen bis zu exklusiven Spa-Variationen.
Geschmackvoller Winter: Fischbrötchen, Schnüsch und noch viel mehr
Das Fischbrötchen ist die wohl bekannteste Spezialität Schleswig-Holsteins, doch natürlich gibt es viel mehr zu probieren. Heiße Getränke vertreiben die Kälte: frischer Kaffee, brauner Rum und Schlagsahne heißt hier Pharisäer; „Tote Tante“ beschreibt die Variante mit Kakao.
In Angeln, der reizvollen Landschaft zwischen Schleswig und Flensburg, liegt der Ursprung des Schnüsch. Das Eintopfgericht besteht im Wesentlichen aus Gemüse und Milch. Je nach Familienrezept wird Schnüsch mit dem berühmten Holsteiner Katenschinken oder eingelegtem Hering serviert. Die nordische Restaurantküche hat den Schnüsch wiederentdeckt und so steht er, individuell verfeinert, auf vielen Speisekarten.
Dithmarschen ist Europas größtes zusammenhängendes Kohlanbaugebiet und daher darf Grünkohl in der schleswig-holsteinischen Winterküche nicht fehlen. Traditionell wird er mit karamellisierten Kartoffeln sowie Kochwurst, Kasseler und Schweinebacke serviert. Für Vegetarier gibt es übrigens immer mehr Varianten dieses Klassikers.
Ein Glas schleswig-holsteinischer Wein am winterlichen Kaminfeuer? Aber ja! Seit einigen Jahren gedeiht der Weinanbau zwischen Nord- und Ostsee und die Winzer bringen aromatische Weine mit ganz eigenem Charakter aus diesen besonderen Anbaugebieten hervor.
Ich bin nach meinem ausgiebigen Strandspaziergang im örtlichen Hofcafé angekommen. Vor mir steht eine prächtige Friesentorte und ein ordentlicher Pott Kaffee. Das Glas Wein spare ich mir für später auf.
Küstenweisheit #9: Genießen geht bei jedem Wetter.
Hör-Tipp
Wer mehr über das Biikebrennen oder andere spannende Themen rund um Schleswig-Holstein erfahren möchte, abonniert unseren Podcast: “ShoreTime – der Küstenschnack” ist auf allen gängigen Streamingdiensten verfügbar.