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Abenteuer

Afrikanisches Abenteuer

Afrikanisches Abenteuer
Afrikanisches Abenteuer
Gesa Neitzel: Ich glaube fest daran, dass die afrikanische Wildnis für jeden etwas hat. Hier liegt die Wiege der Menschheit. Fotos: Gesa Neitzel Privat

Während eines Urlaubs in Südafrika traf Gesa Neitzel die Entscheidung: Ich werde Rangerin. Im Interview erzählt sie, wie sie ihr Berliner Leben hinter sich ließ, was die Ausbildung mit ihr machte und warum sie heute  – „irgendwo in der Natur“ – glücklicher ist als je zuvor.

Das Gefühl, mit dem eigenen Leben nicht zufrieden zu sein,  kennen viele junge Leute. Würden Sie denen jetzt allen raten, Ranger zu werden?

Ich glaube fest daran, dass die afrikanische Wildnis für jeden etwas hat. Hier liegt die Wiege der Menschheit. Hier kommen wir her. Hier hat sich unsere Spezies entwickelt. Wir alle müssen wieder viel mehr raus in die Natur; uns erinnern, dass wir ein Teil von ihr sind. Dass nun aber jeder junge Mensch auf der Suche nach sich selbst Ranger in Afrika werden sollte, das bezweifele ich. So viele Jobs gibt es in der Branche auch gar nicht! (lacht)

Von Berlin in den Busch, das ist ja schon ein extremer Schritt. Gab es auch einen extremen Anlass?

Die Entscheidung selbst kam eher spontan. Während eines Urlaubs in Südafrika hatte ich, man könnte sagen, einen Moment der Klarheit, in dem ich mich dazu entschloss, mein Leben zu ändern. Ich war offen für eine Veränderung. Der Schritt, Rangerin zu werden folgte dann aber erst später – und war meiner Meinung nach auch nur möglich, weil ich bereit für dieses Extrem war. Ich wollte „raus“, so viel war schon seit einigen Jahren klar.

Rückblickend betrachtet – ging es Ihnen mehr um dieses „Hauptsache raus hier!“ oder konkret um die Ausbildung zum Ranger? Anders gefragt, wären Sie vielleicht auch auf einem Krabbenkutter gelandet, wenn Sie statt Buschrangern Krabbenfischern begegnet wärst?

Ich liebe diese Frage, habe ich mir selbst auch schon oft gestellt. Wie gesagt, es war einfach dieser offene Bewusstseinszustand, der mich zu diesem Schritt bewegt hat. Ich habe mir – oder dem Universum, oder wie auch immer man das nennen mag (lacht) – gesagt: So, ich bin bereit. Ich muss raus aus meinem alten Leben. Was auch immer du für mich planst – ich bin bereit.“ Wäre mir das auch auf einem Krabbenkutter in Kanada passiert – wer weiß!? Ich glaube aber, dass es kein Zufall war, dass dieser Moment ausgerechnet in Südafrika passierte. Das sollte schon alles genau so sein.

Jetzt sind Sie tatsächlich Rangerin. Für alle, die sich für eine Tour durch den Busch interessieren – was sollte man mitbringen?

Am besten keine Erwartungen. Der Busch ist völlig unvorhersehbar. Es kann an einem Tag alles auf einmal passieren: Löwen auf der Jagd, Leoparden bei der Paarung und eine Herde Elefanten im Camp – und dann passiert wieder absolut gar nichts und man kann froh sein, wenn man ein Kaninchen zu Gesicht bekommt. Die Wildnis und die Natur als Ganzes anzunehmen und sich darauf einzulassen, das wünsche ich meinen Gästen. Abgesehen davon hat Sonnencreme, ein Fernglas und ein Hut mit breiter Krempe auf Safari noch nie geschadet (lacht).

Was passiert mit Ihren Gästen, wenn Sie sie mit in den Busch nehmen?

Das liegt ganz an den Gästen selbst. Frank und ich sagen immer, wir können als Guides nur die Tür zum Busch öffnen – hindurchgehen muss jeder selbst. Manche Gäste haben stark mit ihren Ängsten zu kämpfen – Ängste, von denen sie vorher vielleicht noch nicht mal wussten. Buschwalks zu Fuß durch die Natur können eine Herausforderung für manche sein, andere fürchten sich vor Elefanten. Und dann sind da natürlich noch die kleinen Krabbeltiere, die Insekten und Spinnen! (lacht) Aber als Guides sind wir ja dafür da, unsere Gäste zu informieren über die Natur, und Sachen zu erklären – wir sind quasi die „Übersetzer der Wildnis“.  Wenn ich aber zum Beispiel merke, dass jemand besonders empfänglich für die Schönheit dieser Wildnis ist, dann freue ich mich auch immer über lange Gespräche am Lagerfeuer, um dieses Interesse noch zu verstärken. Es hängt wirklich ganz vom Gast ab.

Im Busch haben Sie gelernt, sich vor allem auf Ihren Instinkt zu verlassen. Klappt das jetzt auch im „Dschungel der Großstadt“?

Sehr schöne Frage, denn in der Tat sind die Instinkte bei all dem Krach in der großen Stadt manchmal schwieriger zu hören. Ich bin seit meiner Ausbildung zur Rangerin aber sehr viel besser darin geworden, meine innere Ruhe zu finden und immer mal wieder bei mir selbst „einzuchecken“. Dafür habe ich einige Routinen in meinen Alltag integriert. Jeden Morgen ein paar Minuten zu meditieren gehört mittlerweile fest dazu. Das hilft, um die Instinkte auch in der Großstadt wahrzunehmen.

Ist Ranger werden eigentlich als junge Frau noch schwieriger als sowieso schon?

Jein. Einerseits haben weibliche Ranger sogar Vorteile:  Wir sind sehr einfühlsam, gegenüber Mensch und Tier gleichermaßen. Safari-Gäste fühlen sich wohl mit uns. Wir haben außerdem ein weniger ausgeprägtes Ego – ein recht großes Problem unter Männern in der Safari-Industrie. Des Öfteren stößt man auf „Rambos“, die ihr Selbstbewusstsein aus dem Gewehr in ihrer Hand ziehen. Für weibliche Guides ist das meiner Erfahrung nach einfach nicht so ein Thema. „Jein“ also eigentlich nur deshalb, weil es für Frauen z.B. mitunter schwieriger sein kann, besagtes Gewehr überhaupt zu halten (lacht). Ich bin allerdings über 1,80m und konnte dieses Hindernis deshalb ohne Probleme bewältigen. 

Sie schreiben in Ihrem Buch davon, „eine Spur zu finden, der ich folgen kann“ – im Busch wie im Leben. Hat das geklappt? Sind sie jetzt „in der Spur“, oder sind Sie weiter auf der Suche?

Ich bin sowas von in der Spur! Nein, im Ernst: Ich habe das Gefühl, bei mir selbst angekommen zu sein und kann aus diesem festen Stand heraus nun endlich neue Projekte angehen und zurückgeben, was ich gelernt habe.

Können Sie sich ein Leben in Berlin eigentlich noch vorstellen? Oder werden Sie in Afrika bleiben?

Ich habe in diesem Jahr zusammen mit meinem Freund Frank eine Reise-Agentur in Berlin gegründet. (www.safarifrank.com) Dieser Schritt erschien uns beiden sinnvoll, um in Zukunft eigene Afrika-Touren anbieten zu können. Ein großer Schritt für mich, ich finde das alles auch immer noch ziemlich aufregend. Ich werde also auch weiterhin immer mal wieder nach Berlin kommen. Das ist aber auch schön so, ich hasse Berlin ja nicht! Berlin kann ja nichts dafür, dass ich in ihren Straßen unglücklich war. Jetzt haben wir beide, die Stadt und ich, unseren Frieden miteinander gemacht. Ich bin froh, dass ich immer mal wieder vorbeikommen kann – auch, um Familie und Freunde zu besuchen.

Wie hat sich Ihr Blick auf die Welt verändert durch die Erfahrung in der Natur?

Mein Blick auf die Welt hat sich um 180 Grad gedreht. Darum finde ich es auch vollkommen in Ordnung, dass Dank „Frühstück mit Elefanten“ nun viele junge Leute auch Ranger wollen werden: Ich weiß, was sie erwartet und wie wichtig diese Erfahrung sein kann. Die meisten von ihnen werden danach wahrscheinlich wieder in ihr Heimatland zurückkehren. Aber was der Busch sie gelehrt hat, wird sie für immer begleiten und ihnen helfen, für sich selbst genau das richtige Leben zu schaffen – und das mit den Erinnerungen aus Afrika im Hinterkopf. Wir brauchen so viele Menschen wie möglich, denen diese Wildnis etwas bedeutet. Ansonsten wird es sie in 50 Jahren so nicht mehr geben.

Wenn Sie jetzt nach Berlin kommen, laufen Sie nur noch kopfschüttelnd durch die Gegend wegen unser „Luxusprobleme“?

Nein, das wäre ja total arrogant. Wenn ich heutzutage in Berlin bin, dann sehe ich mich selbst in den Augen der anderen Leute. Ich glaube, wir sind alle auf dem gleichen Weg. Und das gibt mir Hoffnung. Im Grunde wollen wir doch alle das Gleiche: Eine Aufgabe finden, die uns erfüllt – und das bedeutet für mich: eine Aufgabe, die anderen hilft.

Wie halten Sie trotz der Ferne Kontakt zu deiner Familie? Kein Heimweh?

Heimweh kenne ich in der Form nicht. Mein Zuhause ist mittlerweile wohl mein Freund Frank. Natürlich fehlt mir vor allem meine Familie. Aber wir stehen fast täglich in Kontakt. Ich bin dank unserer „Familien-Gruppe“ auf Whatsapp immer bestens informiert. Wir telefonieren oft – und wenn ich 2-3 Mal im Jahr zu Hause bin, ist es oft umso inniger und schöner. Wir lachen viel und drücken uns oft. Meine Familie ist glücklich, dass ich meinen Platz gefunden habe.

Was sollte man mitbringen, um RangerIn zu werden?

Wer sich dafür entscheidet, RangerIn zu werden und dann im Tourismusbereich als Safari Guide zu arbeiten (so wie ich), der sollte neben dem Interesse an Tieren auf jeden Fall ein ernsthaftes Interesse an Menschen haben. Die Gäste müssen sich wohl und sicher fühlen. Es hilft auch sehr, wenn man ein guter Geschichtenerzähler ist – Gäste freuen sich immer über lustige Anekdoten aus dem Safari-Leben. Keine Angst vor der Wildnis und dem oftmals sehr einfachen Lebensstil auf Safari helfen außerdem ungemein. Gerade als Frau wird man im Busch viele „Bad Hair Days“ haben.

Fehlt Ihnen eigentlich etwas im täglichen Leben, oder haben Sie das Gefühl, „für den Busch geboren“ zu sein?

Mir fehlt nichts, wenn ich im Busch bin. Allerdings ist eine warme Dusche und ein kaltes Bier nach drei Wochen Camping-Safari ziemlich unschlagbar (lacht).

Wie sehen Ihre Pläne für die kommenden Jahre aus?

Frank und ich hoffen, dass safariFRANK in Deutschland gut angenommen wird und wir vielen Leuten den Traum einer Safari in Afrika möglich machen können – entweder mit uns persönlich als Guides, oder zumindest als Agenten für die Reiseplanung. Dafür schlägt unser Herz. 2018 sind wir fast ausgebucht. Ich freue mich auf tolle Safaris mit unseren Gästen!

Ranger werden ist das eine – einen Bestseller darüber schreiben was anderes. Haben Sie das von vornherein geplant? Konnten Sie immer schon schreiben?

Ich glaube, so etwas lässt sich nicht planen. Das passiert einfach. Geschrieben habe ich schon immer gerne und ja, es war auch immer mein geheimer Wunsch, Bücher zu schreiben. Ich habe mir beim Schreiben des Buches gesagt, dass es gut genug ist, wenn ich damit einen einzigen Menschen wirklich erreiche. Dass es nun so viel mehr Menschen erreicht hat, haut mich selbst vom Hocker. Für mich ist das ein Zeichen dafür, dass es da draußen ganz viele Menschen gibt, die das gleiche wollen wie ich: Zurück zur Natur finden, den eigenen Weg gehen – und andere dafür begeistern.

Sie haben Ihr Leben erfolgreich verändert – was ist mit den Veränderungen, die erst durch den Erfolg entstanden sind? Die Öffentlichkeit, die Interviews – war das auch Teil des Plans?

Natürlich hofft eine deutsche Autorin, die ein Buch veröffentlicht, insgeheim immer darauf, dass es auf der Spiegel-Bestsellerliste landet (lacht). Dass „mein kleines Buch“, wie ich es liebevoll nenne, das tatsächlich geschafft hat, hätte ich nie gedacht! Aber die Öffentlichkeit macht mir insofern nichts aus, als dass ich meistens im Busch unterwegs bin. Es kam nun allerdings schon öfter mal vor, dass mir jemand vom Rücksitz eines entgegenkommenden Geländewagens mitten im Busch zurief: „Du bist doch die Gesa!“ – das ist dann natürlich schon witzig. Ansonsten freue ich mich aber über jedes Interview, weil es mir die Chance gibt, Leuten von Afrika zu berichten.

BUCHTIPP

FRÜHSTÜCK MIT ELEFANTEN“ von Gesa Neitzel

erscheint im Ullstein Buchverlag

368 Seiten

diverse Farbfotos

Preis 14,99 € (Hardcover)

ISBN-13 9783864930300

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