Im Interview spricht Dirk Steffens über wilde Tiere, Wüstenexpeditionen und die Liebe zur Natur.
Was verbinden Sie mit der Begrifflichkeit „Abenteuer erleben“?
Für mich bedeutet sie erst einmal Arbeit, Abenteuer sind nämlich bloß eine Begleiterscheinung meines Jobs, denn die Ziele unserer Reisen und Expeditionen werden ja immer durch den Inhalt des jeweiligen Filmes bestimmt. Geht es um Gorillas, müssen wir in den Dschungel, geht es um Vulkane, müssen wir klettern, filmen wir Haie, ziehen wir unsere Taucheranzüge an.
Wir tun das aber nie, um Abenteuer zu erleben und ehrlich gesagt versuchen wir sie auch eher zu vermeiden, da sie den professionellen Ablauf der Dreharbeiten stören. Weil das Leben aber nicht planbar ist, passiert fast immer irgendwas. Ein Abenteuer. Meistens ist das schlecht für den Dreh, aber großartig für mich, denn Abenteuer sind natürlich ein viel intensiveres Erlebnis als Routine.
„Schon als Sechsjähriger habe ich Nistkästen gebaut und Frösche gesammelt.“
Was war Ihre letzte Reise?
Ich war zuletzt in der Sahara, wo wir eine Wüstenspezialsendung gemacht haben. Dort waren wir auf den Spuren des Wassers unterwegs – wo ist es eigentlich hin, warum sind die Wüsten auf den ersten Blick trocken, auf den zweiten aber gar nicht, wo kommt das Wasser her.
Spannend, die Rätsel der Wüsten zu erforschen. Wie lange waren Sie dort?
Das war nicht eine Reise, das waren Teile von vielen. Wir unternehmen jedes Jahr sechs Filmexpeditionen und für die Wüsten-Spezialsammlung haben wir dabei über zwei Jahre die einzelnen Elemente sozusagen als Beifang aus Reisen in die Mongolei, nach Braslien und vielen anderen Ländern. Deshalb führt der Wüstenfilm auch um den ganzen Globus.
Was macht die Verbindung zur Natur für Sie so reizbar in Ihrem Beruf?
Es ist bei mir die klassische Biografie des Naturliebhabers… . Schon als Sechsjähriger habe ich Nistkästen gebaut und Frösche gesammelt. Keine Ahnung, wo das herkommt, es muss in meinen Genen stecken, dass ich die Natur so liebe – eine Wahl hatte ich da nie.
Umso wunderbarer ist es, dass Sie diese Liebe mit Ihrem Job vereinbaren können.
Bei mir war immer die große Frage: Werde ich Journalist oder Biologe. Ich habe mich fürs erste entschieden und bereits nach kürzester Zeit bekam ich die Möglichkeit beides miteinander zu vereinen. Dafür bin ich sehr dankbar und das ist das große Glück meines Berufslebens.
Was macht den besonderen Reiz aus, vor Ort zu sein und nicht im Studio zu stehen?
Dass man die Natur nicht nur als Urlauber erlebt. Wir treffen vor Ort immer Wissenschaftler, Forscher, Ranger, Naturschützer mit denen wir eng zusammenarbeiten. Das macht für mich das Erleben immer noch viel intensiver, als wenn ich nur hinfahren und eine Sightseeing-Tour unternehmen würde.
Natürlich ist auch das an sich schon toll, wenn man aber an diesen großartigen Orten auch noch tatsächlich etwas mit Leidenschaft tun kann, mit einem Team tief in die Arbeit vor Ort einsteigen kann, dann ist das alles noch viel wunderbarer.
Wie kann man Sie sich als Privaturlauber vorstellen?
Ich werde dieses Jahr 120 Tage beruflich unterwegs sein, es gab auch schon Jahre, da waren es über 200 Tage. Da schmerzt das Fernweh nicht mehr so heftig. Wenn ich privat reise, dann entweder in unser Urlaubshäuschen in Schleswig-Holstein, wo alles sehr naturverbunden ist. Und ganz nah am Wasser, was ich liebe. Oder wir machen Städtereisen. Rom, Paris oder New York – da komme ich beruflich ja eher nicht hin, da meine Frau und ich aber auch gerne Konzerte, Kulturstätten, Museen besuchen, ist das dann unser Urlaub.
„Ich bin ein pathologischer Tierliebhaber … und viele der Million-Dollar-Momente, die ich in meinem Beruf erleben durfte, verdanke ich Tieren. Wildtiere dort zu beobachten, wo sie hingehören, nämlich in die Wildnis, das ist umwerfend schön.“
Haben Sie ein Fleckchen auf der Erde, das für Sie das schönste ist?
Für mich ist das der kleine Südseestaat Palau, das ich als Honorarkonsul in Deutschland vertrete. Es gibt auf diesem Planeten aber sehr viele sehr schöne Orte. Was zu einem Lieblingsort wird, hängt wohl meistens weniger von der Schönheit der Natur als vielmehr von den persönlichen Erlebnissen ab. Wenn man irgendwo glücklich war, tolle Menschen getroffen oder etwas besonderes erlebt hat, dann speichert die Erinnerung das betreffende Fleckchen als schön ab.
Das mit Palau war bei mir reiner Zufall. Das Land ist zwar eine Südsee-Postkartenschönheit, aber vor allem habe ich dort Freunde gefunden und einige der wunderbarsten Film- und Naturerlebnisse meines Lebens gehabt.
Können Sie auch sagen, was Ihre spannendsten Erfahrungen waren?
Da gibt es endlose. Begegnungen mit Haien, Schlangen oder Bären, tauchen in Kriegswracks, Fastflugzeugabstürze, mit einem Fallschirm irgendwo runterspringen. Das Besondere ist das Alltägliche meines Berufs, denn jede Reise ist wieder ganz neu aufregend.
Und Ihre lustigsten?
Es gibt ganz viele skurrile Erlebnisse auf unseren Reisen. Bei den Piaroa Indianer in Venezuela beispielsweise wurde ich abends vom Häuptling zum Essen eingeladen. Es gab das leckerste, was sie bieten können, nämlich gegrillte Vogelspinne. Da kann man dann auch nicht nein sagen, also saß ich da mit dem Häuptling und habe diese Spinne gegessen, während der Rest des Teams sich schlapplacht.
Oder bei den Māori in Neuseeland, wo es eine rituelle Begrüßung ist, ein Lied aus seinem Land zu singen. Während die Māori ein traditionelles Lied ihres Stammes gesungen haben, ist mir nichts besseres eingefallen als „Der Mond ist aufgegangen“. Und außerdem bin ich ein schrecklicher Sänger.
Sie arbeiten auch sehr viel mit Tieren. Erzählen Sie uns davon.
Ich bin ein pathologischer Tierliebhaber … und viele der Million-Dollar-Momente, die ich in meinem Beruf erleben durfte, verdanke ich Tieren.
Wildtiere dort zu beobachten, wo sie hingehören, nämlich in die Wildnis, das ist umwerfend schön. Zum Beispiel mit Schimpansen oder Gorillas durch den Wald zu streifen – sowas ist einfach unbeschreiblich, ich werde diese Momente für immer in meinem Herzen bewahren.
Natürlich gibt es da manchmal auch brenzlige Situationen – ich musste schon vor Waldelefanten weglaufen, bin von einem Flusspferd verfolgt worden oder hatte eine Schlange im Zelt -, aber wenn man den nötigen Respekt vor der Natur und den Tieren bewahrt, dann endet sowas meistens gut.
Angst ist überhaupt ein guter Berater in der Wildnis, denn wer wilden Tieren angstfrei begegnet, wird schnell mal unvorsichtig. Na und dann sind da natürlich noch die Tierbabys, mit denen ich in Auffangstationen oder Tierwaisenhäusern kuscheln konnte – kleine Gorillas, Löwenbabys, ein junger Jaguar in Brasilien, ein Pinguinküken in Patagonien. Zauberhaft! Es gibt für Geld nichts zu kaufen, was so wunderbar ist.